
29. Sonntag
Gott erhört Gebete – oder was?
Schriftstellen
Exodus 17, 11
Solange Mose seine Hand erhoben hielt, war Israel stärker; sooft er aber die Hand sinken ließ, war Ámalek stärker.
Psalm 121, 1-2
Ich erhebe meine Augen zu den Bergen: * Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn, * der Himmel und Erde erschaffen hat.
Lukas 18, 1–8
Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern?
Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen.
Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?
Impuls
Diese Stelle aus dem Evangelium fordert mich heraus.
Es geht schlicht um nichts weniger als die Frage: Erhört Gott Gebete?
Befremdlich mag die Stelle in der ersten Lesung wirken: Ein magisches Verständnis scheint hier vorausgesetzt. Es wirkt wie Zauberei, wenn das Erheben der Hände des Mose das Kampfgeschehen beeinflusst.
Weitaus vertrauter hingegen die Erfahrung, die der Psalmist besingt: Jede / jeder kann wohl vergleichbare Emotionen benennen, dass in scheinbar auswegloser Situation sich quasi „der Himmel auftut“ um eine Perspektive zu eröffnen, die den gewohnten Horizont übersteigt. In der Reflexion wirkt die Rettung dann „von oben“ – von über den Bergen, vom Himmel, kommend.
Doch genau das ist zugleich das Problematische daran:
Ist diese Erfahrung von Rettung nur rein subjektiv? Sprich: Reine Willkür?
Warum kann ein bedrohter oder ein kranker Mensch Zeugnis davon geben, Gottes Beistand erfahren zu haben – während ein anderer Mensch in vergleichbarer Situation nicht gerettet oder geheilt wird?
Ist Gott der Launische, der Unberechenbare?
Verschärft wird der Gedanke dann noch, wenn Jesus vom Glauben spricht: So, als ob ein Mensch nur genügend Glauben entwickeln müsste, und dann würde ihm alles gelingen bzw. alles Erbetene zukommen. Ist Gott also doch der „metapyhsische Wurlitzer“? Geldstück = Gebet rein … Musik = Erhörung raus? Und wer nicht glaubt, ist selbst schuld und darf sich also nicht wundern, wenn sie / er nicht geheilt wird…!
Ein unlösbares Dilemma, will mir scheinen. Eine Fragestellung, welche viele Menschen real umtreibt, konkret etwa in der Erfahrung von Krankheit.
Die Bibelstelle bei Lukas gibt keine Antwort, sondern bleibt wohl bewusst als offene Frage stehen – ein ungemütlicher Stachel, sozusagen. Auf manche Fragen gibt es keine allgemeingültige Antwort. Jede / jeder muss sie für sich selbst beantworten. In einem oft lebenslangen Ringen. Vorschnelle, gut gemeinte, vor allem auch „allzu gläubige“ Antworten befriedigen da leider nicht, sondern verschärfen oftmals nur den Schmerz.
Wir sind erlöst – seit Jesu Kreuzestod und Auferstehung. Aber wir sind noch nicht im Himmel, sondern noch auf dem Weg…
© nikfai