Europa bilden
Bei einem einleitenden Referat von Hans Göttel, dem Studienleiter vom Europahaus Burgenland, wurde die Schwierigkeit des Bildens von Europa hervorgestrichen, die vielmals einer Sisyphosarbeit gleicht. Er sprach von Mühen, die beim Bilden von Europa nicht ausbleiben, weil sie zum Leben gehören, jedoch braucht es Ideen und den Dreh, um den Stein ins Rollen zu bringen.
In der anschließenden Podiumsdiskussion bezog sich Dominik Orieschnig, der in Vertretung von Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics gekommen war, auf das Eingangsreferat von Hans Göttel, der Theodor Heus zitiert hatte und feststellte, dass Europa seinen Ausgangspunkt auf drei Hügeln genommen hat. Auf der Akropolis in Athen mit dem Erbe der Demokratie, auf dem Kapitol in Rom mit der Rechtsstaatlichkeit und schließlich auf Golgotha in Jerusalem mit dem christlich-humanistischen Erbe. Gerade dieses hat Europa lange Zeit geprägt – „die Kirche hat quasi ein Copyright auf die Menschenrechte“, so Orieschnig. Hier gelte es, dies besonders für uns Christen – nicht aus den Augen zu verlieren. Die Juristin und Psychotherapeutin Leylya Mustafayeva-Strobl stelle in ihrem Statement fest, dass Europa ein Kind der Krisen ist und die Summe aller Lösungen, die wir daraus finden. Angefangen bei der Völkerwanderung, den napoleonischen Kriegen und natürlich besonders nach dem zweiten Weltkrieg. „Europa sei immer wieder wie der Phönix aus der Asche gestiegen.“ Hier schloss EU-Parlamentarier Christian Sagartz an. Er ist Abgeordneter einer Institution, die nach dem zweiten Weltkrieg entstanden ist. Europa ist für ihn ein Kompromiss. Begonnen mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951 zieht sich dieser Kompromiss zwischen den Staaten Europas bis zur heutigen Arbeit in den Institutionen der Europäischen Union durch. Als Politiker erfährt er täglich, wie schwierig es ist, solch einen Kompromiss zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten herzustellen. Diesen „Egoismus der Einzelnen“ hat auch der syrische Autor Hamed Abboud erlebt, der seit 2014 in Europa lebt. Ihm fällt auf, dass in Europa vor allem „das Ich wichtig“ ist. Im Gegensatz zum arabischen Raum, aus dem er kommt, herrscht in Europa eine große Individualisierung. Er merkte an, dass im Umgang mit Geflüchteten eine Unterscheidung gemacht wird: „Europa kann nicht saisonal menschlich sein“. Dem stimmte auch Caritas-Direktorin Melanie Balaskovics zu. Sie stehe einer Institution vor, die nicht philosophiert: „Not sehen und handeln!“, das sei für sie ganz wichtig, und das müsse auch uns in Europa prägen. Dominik Orieschnig ergänzte, dass wir Europa nicht vom Tagesgeschäft abhängig machen dürfen und wies auf Papst Franziskus hin, der mit prägenden Worten sowie Taten uns immer wieder vor Augen führe, dass Europa nicht nur der Wirtschaft dienen soll, sondern vor allem den Menschen in Europa die es geprägt haben und weiter prägen. Die Frage ist, inwiefern Kulturelles in Zukunft Europa prägen wird? „Ein kultureller Mensch ist ein Mensch mit einem brennenden Herzen für Nächstenliebe“, betonte Leylya Mustafayeva-Strobl. Für sie ist Bildung in all ihren Facetten der Schlüssel, um Europa zu bilden!
Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Europahaus BUrgenland statt und wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung gefördert!
Die Veranstaltung ist auf dem Youtube-Kanal der Diözese nachzusehen!