Eisenstadt
Die Pfarre Eisenstadt-Oberberg ist bekannt für den imposanten Kalvarienberg, die Bergkirche und das Haydn-Mausoleum. Um eine Marienstatue ranken sich gar geheimnisvolle Geschichten.
Die prächtige Wallfahrtskirche strahlt auf Gläubige, Kulturinteressierte und vorbeischlendernde Touristen eine große Anziehungskraft aus. Selbst Einheimische besuchen regelmäßig das imposante Bauwerk.
Der Kalvarienberg am Oberberg mit der an der Westseite angebauten Bergkirche hat eine große Geschichte. Die Grundsteinlegung fand im Jahr 1701 statt. Im Inneren lässt sich Staunen: Die ursprüngliche Anlage umfasste 33 biblische Stationen. Heute sind noch 20 Stationen und vier Einzeldarstellungen vorhanden. Beeindruckende 180 lebensgroße Holzfiguren stellen die Passion Christi anschaulich dar. Eltern mit ihren Kindern besuchen vor allem in der Karwoche den Kalvarienberg. Ebenso imposant sind 55 Steinfiguren, davon 45 Engel, die den Kalvarienberg zieren.
Wunderheilung
Bis zu Beginn des ersten Weltkrieges kamen jeden Sonn- und Feiertag zwischen Ostern und Mitte Oktober Wallfahrer aus dem nördlichen und mittleren Burgenland. Heute kommen vor allem Pilger aus dem Burgenland, die burgenlandkroatische Volksgruppe und Pfarren aus ganz Österreich, um den Kalvarienberg zu besichtigen und eine Andacht in der Gnadenkapelle (derzeit aufgrund der Corona-Maßnahmen gesperrt) oder in der Bergkirche zu halten. Eine besondere Geschichte rankt sich um eine geheimnisvolle Marienstatue. 1690 ließ Fürst Paul Esterházy I. das Badhaus in Großhöflein erneuern und eine Marienstatue (mit dem Abbild des Madonnenbildes von Maria Einsiedeln) anfertigen, um die Besucher zu mehr Frömmigkeit zu bewegen. 1707 verwüsteten die Kuruzzen (eine Gruppe von bewaffneten antihabsburgischen Aufständischen im Königreich Ungarn) den Ort, es kam zu einem Brand, wobei die Marienstatue unverletzt blieb. 1711 verbreitete sich die Erzählung von einer kranken Frau, die vor der Statue betete und auf wundersame Weise geheilt wurde. Weitere Heilungen folgten. So wurde die Statue durch den Fürsten von Großhöflein nach Eisenstadt-Oberberg gebracht. Seit damals steht die wundertätige Gnadenstatue in der Kapelle des Kalvarienberges. Eisenstadt wurde einer der bekanntesten Wallfahrtsorte des westungarischen Raumes. Jährlich fanden 120 Prozessionen statt und Wallfahrer aus 136 Ortschaften kamen nach Eisenstadt. Auch Maria Theresia besuchte 1742 den Wallfahrtsort.
Haydn
In der Bergkirche befindet sich heute ein Hochaltarbild von „Maria Heimsuchung“ – welches das Patrozinium der Pfarrkirche ist und am 2. Juli begangen wird. Die Kuppel schmückt das Deckenfresko „Christi Himmelfahrt“ (von Christian und Wolfgang Köpp im Jahre 1772 gefertigt). Die Bergkirche wird nach Joseph Haydn (1732–1809) auch „Haydnkirche“ genannt. Haydn hat unweit im Schloss Esterházy große Teile seines Lebens als Komponist und Kapellmeister gewirkt. Seit dem Jahr 1932 befindet sich in der Bergkirche das Haydn-Mausoleum, in dem der Sarg des Komponisten steht.
(aus dem martinus – Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt)
Geschichte
An jenem Ort, an dem sich heute auf einem flachen Ausläufer des Leithagebirges das burgenländische Landesheiligtum der Muttergottes von Eisenstadt-Oberberg erhebt – die Gnadenkapelle, der Kalvarienberg und die Kirche zu Mariä Heimsuchung - , befanden sich noch vor drei Jahrhunderten nur Wälder, Sümpfe und ein Steinbruch. Die Gebäude verdanken ihre Entstehung und Ausgestaltung der Familie Esterhàzy. Fürst Paul Esterhàzy war von einer Wallfahrt nach Maria Lanzendorf so beeindruckt, dass er den Entschluss fasste, auch nahe seiner Residenz in Eisenstadt einen ähnlichen Berg zu errichten. Er berief den Schöpfer des Werkes in Lanzendorf, Bruder Felix Niering, nach Eisenstadt, der 1701 mit seiner Arbeit begann, 1707 wurden insgesamt zehn Kapellen und 18 Altäre in diesem künstlich errichteten Berg geweiht. Die Gnadenkapelle mit der Gnadenstatue des Bildhauers Michael Felser (1690), ebenfalls Teil des Kalvarienberges, wurde 1711 geweiht. Der Plan, zur Betreuung der Pilger die Wallfahrtskirche zu Mariä Heimsuchung zu bauen, hatte schon Fürst Paul I. Esterhàzy gefasst. Der Adelige starb jedoch am 26. März 1713 im Alter von 78 Jahren. 1715 erfolgte zwar die Grundsteinlegung für den Bau des Gotteshauses, doch gingen die Arbeiten nur zögernd voran. Die Nachfolger von Fürst Paul I. hatten nicht die Geldmittel, den geplanten Neubau weiterzuführen. Nun bemühten sich die Franziskaner um die Fortsetzung der Arbeiten am Kirchenneubau. Die Geistlichen beschränkten sich jedoch darauf, vom ursprünglichen Plan lediglich den als Altarraum vorgesehenen Bauteil der Riesenkirche zu beenden. Die Kirche entstand im Westen des Kalvarienberges und der Gnadenkapelle. 1722 verfügte die Kirche Mariä Heimsuchung bereits über eine Dachkonstruktion. Das Gotteshaus wurde in der Folge so weit ausgestattet, dass ab dem Jahr 1743 fallweise auch Gottesdienste stattfinden konnten. Es ist anzunehmen, dass 1765 zumindest ein Turm ausgebaut war, da in diesem Jahr drei kleine Glocken angekauft wurden. Mit der Ausmalung des Kircheninneren im Jahr 1772 war der Neubau im Wesentlichen beendet.
Erst in der Zeit nach der Erhebung zur Pfarrkirche im Jahr 1794 erteilte Fürst Nikolaus III. den Auftrag zu einer weiteren Ausgestaltung.
Am 10.9.1803 – 88 Jahre nach der Grundsteinlegung – erfolgte die Weihe der Kirche zu Ehren Mariä Heimsuchung. Von 1820 bis 1954 war der Komponist Joseph Haydn in der Haydngruft, der Krypta der Kirche, beigesetzt, bevor er 1954, nach der Rückgabe des Schädels, im Haydnmausoleum bestattet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gotteshaus wiederholt restauriert, 1950-1955 erhielt es einen neuen Außenputz und eine stilgerechte Hartdeckung des Daches. 1980-1981 fand eine vollständige Innenrestaurierung statt. 1988-1992 wurde die Außenfassade erneuert, 1993 die berühmte Haydnorgel einer Restaurierung unterzogen.
Äußeres
Die Gebäudegruppe bietet einen imposanten Anblick. Es besteht heute nur jener Bauteil, der nach Eisenstädter Überlieferung das Sanktuarium der geplanten riesigen Kirche werden sollte. Der mächtige vierseitige Block weist ein Walmdach auf. An der Westfront befinden sich zwei quadratische Turmstümpfe, die Zeltdächer tragen. Westseitig schließt an den Baukörper eine zweigeschossige Vorhalle an. Im Süden sind die Sakristei und niedrige Devotionalienbuden angebaut. Über der Segmentbogentür zur Nordhalle (um 1795) ist das fürstlich Esterhàzysche Wappen zu sehen.
Innenraum
In drei Rundseiten des kreisrunden Raumes mit westlicher Vorhalle befinden sich Altarnischen. Zu Seiten von Türen und Oratorienfenstern gliedern je zwei hohe Pilaster mit Gebälk die Wand. Die Kuppel zeigt eingeschnittene Lünettenfenster. Die Empore ruht auf drei Kreuzgratgewölben. Die Brüstung ist gerade, unter dem Vorsprung für das Orgelpositiv ist ein gemaltes Wappen der Fürsten Esterhàzy zu erkennen. Die Wandmalerei in der Kuppel mit einer Darstellung der Himmelfahrt Christi stammt von Christian und Wolfgang Köpp (1772). Das Altarbild des Hochaltars zeigt Mariä Heimsuchung. Es handelt sich um eine Kopie von 1889 nach dem 1797 geschaffenen Original von Stefan Dorffmeister. Die Altargemälde der Seitenaltäre stellen in schwarzen Rundbogenrahmen die Geburt Mariä und die Apotheose des hl. Michael dar (um 1770). Den viereckigen Kanzelkorb (18. Jahrhundert) zieren gemalte Szenen aus dem Leben Jesu. Die sogenannte Haydnorgel wurde 1797 aufgestellt. Mit ihr wurden in den folgenden Jahren mehrere Messkompositionen Joseph Haydns bei der Uraufführung unter der Leitung des Meisters begleitet. Der fünfteilige Prospekt weist reich geschnitzten Akanthusschmuck auf. Der Taufstein aus dem 18. Jahrhundert trägt die Jahreszahlen der Entstehung und Renovierung (1712 bzw. 1889). Sehenswert ist der Grabstein Joseph Haydns unter der Empore, dessen Sockel eine Inschriftentafel aufweist. Neben dem Grabstein führt eine Tür zum Mausoleum (1932). Hier wurden die Gebeine des Komponisten 1954 endgültig bestattet. Die Gruft unter der Kirche birgt einige interessante klassizistische Grabsteine.
aus „Bedeutende Wallfahrten, Kirchen und Kapellen“
Band II: Niederösterreich und Burgenland
Journal-Verlag