Nikolaus von Myra (6. Dezember)
Wahre Geschichte, Legende und Brauchtum verbinden sich bei der Person des Nikolaus zu einem liebenswerten Gesamtbild: Nikolaus, der Heilige und Freund der Kinder, der Patron der Gefangenen, der Schutzheilige für eine gute Heirat, Bischof, Märtyrer, Bekenner und Nothelfer. Was könnte man nicht noch alles aufzählen, das diesen volkstümlichen Heiligen auszeichnet und charakterisiert.
Zwei Städte teilen sich heute den Ruhm des Nikolaus-Kultes: Demre in der Türkei, das frühere Myra, also der Sterbeort des Bischofs, und Bari in Apulien, wo in der außergewöhnlichen Basilika S. Nicola seit 1087 die Reliquien des Hochverehrten aufbewahrt werden und das Ziel vieler Pilger sind. Die Einwohner von Bari feiern "ihren" Nikolaus jedes Jahr am 8. Mai, dem Translationstag, mit einem riesigen Fest. Die Feierlichkeiten spielen sich auf dem Meer ab, die Gläubigen fahren dabei in Booten zu einer Nikolaus-Statue. Bereits am Abend vorher zieht ein farbenprächtiger historischer Umzug durch die Straßen der Großstadt, an dem sich ganz Bari beteiligt.
Dies sind die historisch belegten Daten: Nikolaus wurde als junger Mann um 300 Bischof von Myra im damaligen Lykien. Bald danach begannen hier die Christenverfolgungen unter Galerius Valerius Maximus. Auch Nikolaus geriet um das Jahr 300 in Gefangenschaft und wurde im Kerker schwer misshandelt. Noch gezeichnet von den erlittenen Folterungen, trat er 325 auf dem berühmten Konzil von Nicäa auf. Von dieser Versammlung gibt es noch Überlieferungen, die seine Unterschrift tragen. Mehr weiß man über Leben und Wirken von Nikolaus kaum, bekannt ist nur noch das ungefähre Sterbedatum des Bischofs. Der Todestag war ein 6. Dezember, das Jahr lag zwischen 345 und 351.
Der Nikolaus-Kult breitete sich etwa zwei Jahrhunderte nach dem Tod des Verehrten aus, griff auf die gesamte griechische Kirche, später auch auf die slawischen Länder über. Die stärkste Verehrung erfuhr Nikolaus etwa ab dem 8. Jh. in Russland, dessen Patron er seitdem auch ist. Zaghaft breitete sich der Nikolaus-Kult in der Folgezeit dann auch in Europa aus, so ab dem 10. Jh. in Deutschland, Frankreich und England. Italienische Seefahrer oder Piraten raubten im Jahr 1087 die Gebeine von Nikolaus aus dem Sarkophag der Grabkirche in Myra und brachten sie nach Bari in Apulien, wo zu jener Zeit die Normannen regierten. Der leere Nikolaus-Steinsarkophag kann noch heute in der wiederhergestellten Unterkirche des Nikolaus-Gotteshauses in Demre/Myra an der Südwestküste der Türkei besichtigt werden. Das antike Myra allerdings ist nur noch eine Ruinenstadt.
In Bari errichtete man zur Aufbewahrung der kostbaren Reliquien auf den Trümmern des byzantinischen Gouverneurspalastes die Basilika S. Nicola. Papst Urban II. weihte 1089 die Krypta mit dem Schrein des Nikolaus. Bis heute gehört die Emporenbasilika zu den bedeutendsten romanischen Kirchenbauten in Süditalien. Ihre größten Kostbarkeiten sind neben dem Grab des Kirchenpatrons ein Zimborium aus dem 12. Jh., das einzige völlig erhaltene aus dieser Zeit in Apulien, sowie der berühmte Bischofsthron des Elia aus weißem Marmor, der aus dem 11. Jh. stammt und zu den außergewöhnlichsten Kunstwerken Apuliens zählt.
Verehrung/Brauchtum
Das Brauchtum um die Person des Nikolaus ist sehr ausgesprägt. Am Vorabend des 6. Dezember besucht der Mann mit dem weißen Bart - oft in Begleitung von Knecht Ruprecht - die Kinder und beschenkt sie oder tadelt sie wegen Unartigkeiten. Vor die Tür gestellte Stiefel sind am Nikolausmorgen mit Süßigkeiten gefüllt. In den Alpenländern treiben am Nikolaustag vermummte Gestalten, die sogenannten Klausen, ihr Unwesen. Im süddeutschen Raum, vor allem in Bayern, ersetzt Nikolaus seit dem Mittelalter oft Erasmus als Nothelfer. Im Osten ist Nikolaus nach Maria die meistverehrte Heiligengestalt.
Die Verehrung für Nikolaus in Deutschland entwickelte sich zunächst im 10. Jh. im Rheinland; gefördert wurde sie von Kaiserin Theodphanu, der griechischen Ehefrau von Kaiser Otto II. Ebenfalls im 10. Jh. entstand in Deutschland dann das Brauchtum, das bis heute erhalten blieb: die Sitte, dass Nikolaus die Kinder besucht und beschert. Dies rührt von folgender Geschichte her: In den Klosterschulen gab es damals das sogenannte "Bischofsspiel"; dabei übernahm einmal im Jahr ein Schüler die Funktion des Abtes oder auch des Bischofs und "herrschte" über das Kloster und die Schule. Zunächst begab sich dieses Spiel am 28. Dezember, dem Tag der Unschuldigen Kinder; etwa im 13. Jh. wurde es auf den Nikolaustag verlegt.
Regional und national verschieden sind sowohl die Kleidung als auch der Name von Nikolaus. Die Gestalt, als die der Nikolaus heute allgemein auftritt, wurde übrigens erst vor etwa 100 Jahren von dem Maler Moritz von Schwind geschaffen: Nikolaus mit langem weißem Bart im mit Pelz verbrämten Kapuzenmantel.
Darstellung
Nikolaus ist fast immer als älterer Bischof mit kurzem bis langem Bart dargestellt. Sehr viele Abbildungen exisitieren bis heute im Osten, auf denen Nikolaus oft kahlköpfig ist. Auch die Darstellungen im Westen lehnen sich die zahlreichen Fällen an die ölstliche Kunst an. Nikolaus sind verschiedene Attribute beigegeben, von denen die drei goldenen Kugeln auf einem Buch das häufigste ist.
Diese Darstellung geht auf folgende Legende zurück: Ein Adliger schickte seine drei Töchter in ein öffentliches Haus, damit sie sich ihre Mitgift für die Heirat als Dirnen verdienen. Nikolaus aber warf den drei jungen Frauen eines Nachts je einen Beutel mit Goldstücken durch das Fenster zu, so dass sie ihr Tun beenden und heiraten konnten. Statt der drei Kugeln hat Nikolaus auch drei Geldsäckchen, drei Goldbarren, drei Geldbeutel, drei Brote, drei Steine oder drei goldenen Äpfel bei sich. Mit drei Broten auf einem Buch ist Nikolaus unter anderem bei einer Statue im Strassburger Münster zu sehen.
Auch die berühmte Schülerlegende fand häufig ihren Niederschlag in der darstellenden Kunst. Nach dieser Geschichte soll Nikolaus einmal drei Schüler davor bewahrt haben, dass sie von einem verbrecherischen Gastwirt, bei dem sie eingekehrt waren, geschlachtet und eingepökelt wurden. Daher wird Nikolaus oft mit einem (Pökel)Fass dargestellt, in welchem drei Jungen sitzen.
Und noch eine Legende wurde oft wiedergegeben: Nikolaus hilft einem in Seenot geratenen Schiff, dessen Matrosen ihn angerufen hatten. Mit Anker zeigt Nikolaus daher ein Retabel-Gemälde in der Lübecker Marienkirche (15. Jh.).
Auch zahlreiche Zyklen mit Szenen aus dem Leben des Bischofs existieren in ganz Europa. Beispiele: Münster Konstanz (15. Jh.), Marienkirche Danzig (Gotik), Nikolaikirche Grimma (von Lucas Cranach).
Bischof
geboren: Um 280/286 in Patras, Griechenland
gestorben: 6. Dezember um 345/351 in Myra, heute Demre, Türkei
Patron von Russland; von Lothringen; der Ministranten; der Kinder; der Jungfrauen; der Pilger und Reisenden; der Rechtsanwälte, Richter, Notare, Kaufleute, Apotheker, Wirte, Weinhändler, Parfümfabrikanten und -händler, Schiffer, Fischer, Matrosen, Flößer, Müller, Bäcker, Korn- und Samenhändler, Metzger, Bierbrauer, Schnapsbrenner, Bauern, Weber, Spitzen- und Tuchhändler, Steinmetze, Steinbrucharbeiter, Fassbinder, Knopfmacher, Kerzenzieher; der Feuerwehr; der Gefangenen; für eine glückliche Heirat; gegen Wassergefahren und Seenot; zur Wiedererlangung gestohlener Gegenstände; gegen Diebe
Patron von: Andau, Deutsch Kaltenbrunn, Kaisersdorf, Kemeten, Kobersdorf, Neumarkt i. T., Neusiedl a. S., Nickelsdorf, Pöttsching, Purbach a. N.