Errichtung des Seelsorgeraums „Franziskus“
Predigt von Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics anlässlich der Errichtung des Seelsorgeraumes "Franziskus" bestehend aus den Pfarren Oberpullendorf, Stoob, Mitterpullendorf, Steinberg/Dörfl
Der Beginn des neuen Schuljahres ist zugleich auch der Beginn des neuen „SR Franziskus“, einer neuen tieferen Zusammenarbeit der Pfarren Oberpullendorf, Mitterpullendorf, Stoob, Steinberg-Dörfl. Es fügt sich schön, dass die Errichtung Eures SRs auf den heutigen Weltgebetstag um die Bewahrung der Schöpfung fällt, ein Hinweis auf den hl. Franziskus, dem dieser Euer neuer SR und die alte Kirche hier in Oberpullendorf geweiht sind.
Was kann ich Euch als Bischof und Hirte auf Euren gemeinsamen Weg als SR mitgeben? Ich möchte dabei nicht auf meine Weisheit setzen, sondern ich nehme mir die Lesungen und das Evangelium dieses Sonntags zur Hilfe. Sie geben uns 3 Ratschläge, die zugleich Auftrag und Verheißung sind.
Hört auf Gottes Wort und bewahrt es und ihr werdet leben. Das ist der erste Ratschlag, Auftrag u. Verheißung des Mose in der 1. Lesung aus dem Buch Deuteronomium an sein Volk Israel und an uns. Gottes Wort ist die wahre Weisheit und Bildung für sein Volk, so auch für uns. Gottes Wort ist nicht nur Auftrag und Verheißung, es erfüllt sich auch in der Geschichte. Der Auszug aus Ägypten, der Bund am Sinai mit den 10 Geboten ist wie der Beginn einer Liebesgeschichte und soll deshalb nie vergessen werden. Gott sagt damit seinem Volk, auch uns: Du sollst leben. Du bist mir unendlich wertvoll. An dir hängt mein Herz. Gottes Wort ist für sein Volk, für uns daher Wegweisung. Haben wir Gottes Wort nicht zur Sitzordnung gemacht, weil wir oft darüber nur diskutieren, es kommentieren, zerreden und manchmal sogar verdrehen? Gottes Wort will gelesen, meditiert, gelebt und weitergegeben werden. Dazu braucht es die Beschäftigung mit der Bibel, persönlich im Gebet und im Gottesdienst, in Bibelkreisen, bei Exerzitien und Fortbildungen. Stellen wir wieder Gottes Wort in den Mittelpunkt unseres christlichen Lebens und kirchlichen Arbeitens und nicht unsere selbstgemachten Programme und Ideologien. Papst Franziskus ermutigt uns: Jeder Christ sollte das Evangelium in der Hosentasche tragen, um es bei sich zu haben, darin zu lesen, es wie das Handy öfters zur Hand zu nehmen und zu gebrauchen. Haben wir nicht oft die kostbarsten Bibelausgaben in unseren Wohn zimmerschränken, nehmen sie nie zur Hand, lassen sie verstauben? Habt als SR den Mut Euren gemeinsamen Weg auf dem Wort Gottes zu bauen, das ihr persönlich, aber auch im Gottesdienst u. Bibelkreis gemeinsam hört und bedenkt, um es auch zu leben und zu bewahren.
Seid nicht nur Hörer, sondern Täter des Wortes. Das ist der zweite Ratschlag und Auftrag des Apostels Jakobus in der 2. Lesung an die ersten Christen, so auch an uns. Für Jakobus ist es ganz wesentlich, dass der Glaube, den Gott schenkt, und das Hören auf Gottes Wort zur tätigen Liebe gegenüber den Armen und Miss achteten führen. Unser Glaube erschöpft sich nicht nur im Hören des Wortes Gottes, sondern muss in eine gute Tat münden, um echt und fruchtbar zu sein. Ist er es nicht – so der Apostel – betrügen wir uns selbst. Sind wir Christen und unsere Pfarrgemeinden nicht deshalb oft unfruchtbar, weil wir das Wort Gottes nur zur frommen Lektüre verkommen lassen, aus der keine gute Tat folgt oder nur Aktivitäten setzen, die nicht im Wort Gottes ihre Verwurzelung haben? Gottesdienst muss immer mit der Fußwaschung verbunden sein und zum konkreten Dienst an den Menschen werden, besonders an den Armen, Kleinen, Benachteiligten. Gottesdienst ohne Fußwaschung ist totes Ritual, Brauchtum, Fassade und bleibt letztlich unfruchtbar. Habt als SR den Mut nicht nur Hörer, sondern auch Täter des Wortes zu sein. Es braucht die Bereitschaft und den Mut gegen den Strom zu schwimmen, zu einem neuen, alternativen, einfachen, nachhaltigen Lebensstil, wo der Blick auf Gott, die Mitmenschen und Bewahrung der Schöpfung wesentlich sind – ganz im Sinn des heiligen Franziskus.
Ehrt Gott nicht nur mit den Lippen, sondern schenkt ihm euer Herz. Das ist der dritte Ratschlag u. Auftrag aus dem heutigen Evangelium. „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.“ Ist dieses Wort des Propheten Jesaja aus uralter Zeit vom Evan gelisten Markus zitiert, nicht auch heute gültig und aktuell? Ein Blick in unsere sogenannte „christliche Gesellschaft“ zeigt deut lich wie Reden und Tun oft auseinandergehen, bei uns selber, in der Politik und leider auch in der Kirche und christlichen Gemeinde. Wir werden dabei feststellen, wie oft wir Gott mit den Lippen ehren, wie weit aber unser Herz von ihm weg ist. Unser Reden und Tun klaffen auseinander. So werden wir vor der Welt unglaubwürdig und unser Christentum wird schal, zeigt keine Wirkung mehr, ist abstoßend. Nur einige Beispiele, die uns Christen direkt betreffen:
Wir sind getauft und gefirmt – welche Wirkung hat das in unserem Leben? Sind wir nicht oft nur Taufscheinchristen, die nur auf dem Pa pier zur Kirche u. Pfarrgemeinde gehören, ohne lebendigen Kontakt?
Eltern versprechen bei der Taufe ihre Kinder im christlichen Glauben zu erziehen – die Realität zeigt oft, dass die Eltern selber ihren Glau ben nicht kennen und noch weniger praktizieren. Was sollen sie dann ihren Kindern vorleben und weitergeben? Wir erleben diesen Bruch der Glaubensweitergabe derzeit als Kirche sehr schmerzlich.
Für einen Christen sollte es selbstverständlich sein zu beten, am Son ntag den Gottesdienst mitzufeiern, die Sakramente zu empfangen – seien wir doch ehrlich – wird all das von uns nicht als nicht zeitgemäß und konservativ angesehen? Es sind aber Säulen unseres Glaubens!
Christen sollten in der Welt erkennbar sein an dem, wie sie einander lieben, schätzen, helfen, teilen, verzichten, Rücksicht nehmen, für die Wahrheit eintreten, verzeihen, sich versöhnen – Lüge, Hass, Neid, Verleumdung, Streit bestimmen aber oft unseren kirchlichen Alltag.
Jesus lädt uns ein, unseren eigenen Weg zu finden, nicht nur auf das Äußere, die Fassade, Tradition und das Brauchtum zu schauen. Jesus lädt uns im Evangelium ein, ihm unser Herz zu schenken.
Mit den 3 Ratschlägen vor Augen macht Euch auf den gemeinsamen Weg im SR Franziskus: Hört auf Gottes Wort und bewahrt es und ihr werdet leben – Seid nicht nur Hörer, sondern Täter des Wortes – Ehrt Gott nicht nur mit den Lippen, sondern schenkt ihm euer Herz.
Der Segen Gottes, das Vorbild Mariens, die ihr hier als „Immerwähr ende Hilfe“ verehrt, Eurer Pfarrpatrone und des hl. Franziskus, dem Euer neuer SR und die alte Kirche in Oberpullendorf geweiht sind, begleiten Euch in eine gute gemeinsame Zukunft!
Amen.
Bischof Ägidius J. Zsifkovics