
Osternachtsfeier
Vom evangelischen Theologen Jürgen Moltmann stammt das Wort: „Ostern kann nicht nur heißen: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Ostern muss auch heißen: Das Leben hier wandelt sich.“ Das ist eine treffende Definition von Ostern, worum es zu Ostern geht. Ostern ist mehr als nur Ferien, ein paar Urlaubstage oder die Romantik von Osternest, Osterei und Osterhase. Ostern hat mit Glauben und Wandlung zu tun – Dinge, die der heutige Mensch und Christ nicht so sehr im Blick hat oder in Gefahr ist zu vergessen.
Unsere Zeit braucht Glauben-Spiritualität und die Bereitschaft zur Wandlung. Wo aber braucht es heute diese Wandlung?
Es braucht den Wandel zuerst bei uns persönlich.
Das gehörte Osterevangelium berichtet uns vom Glauben der Frauen und der Jünger an die Auferstehung am Ostermorgen am Grab Jesu – anfangs zögernd, betroffen, staunend, nicht verstehend, suchend, in der Begegnung mit dem Auferstandenen dann sehend und glaubend. Der Glaube an die Auferstehung Jesu hat ihnen die Augen geöffnet, sie verwandelt und ihnen Beine gemacht. Ostern hat sie verwandelt, damit sie die Welt verwandeln. Ist das nicht auch ein Auftrag an uns? Ostern will uns verwandeln, damit wir unsere Welt zum Besseren hin wandeln.
Dazu braucht es die persönliche Begegnung mit Jesus, dem Auferstandenen und einen tiefen Glauben an die Auferstehung Jesu. Christsein ohne diese Begegnung, ohne Glaube und die Bereitschaft zum Wandel ist tot, bleibt nur Tradition und Brauchtum. Ohne den persönlichen Glauben, ein geistliches Leben, gelebte Nächstenliebe ist Christsein nur Aufputz und Fassade. Lassen wir uns an Ostern von der persönlichen Begegnung mit dem Auferstandenen verwandeln!
Es braucht den Wandel in unserer Gesellschaft.
Das gehörte Osterevangelium schildert eindrucksvoll wie die Frauen und die Jünger zum Grab Jesu laufen. Ostern macht ihnen Beine, lässt sie aus ihrer Angst ausbrechen und aus ihrem Kreis aufbrechen, um die Osterbotschaft weiterzusagen und in die Gesellschaft zu tragen. Ist das nicht auch ein Auftrag an uns?
Unsere Gesellschaft braucht Menschen-Christen mit Osteraugen und Osterbeinen, die mit Freude und Herzblut, Jesu Botschaft in der Welt bezeugen. Die Pandemie, der Ukrainekrieg und anderes mehr haben uns überrascht, verwundet, gespalten, gerade jetzt braucht unsere Gesellschaft den Zusammenhalt, die Solidarität. Die Politik darf nicht nur um sich selber kreisen, sich selber, die eigene Klientel bedienen, sie muss allen Menschen dienen, besonders den Kleinen, Armen, Benachteiligten, Verfolgten und Fremden. In der Vergangenheit haben wir in Europa zu lange das Gegeneinander u. Nebeneinander gelebt. Die alten Geister des Nationalismus, Populismus, Fundamentalismus haben genug Unheil angerichtet. Die Gesellschaft braucht das Aufeinander-Schauen und Füreinander-Sorgen. Ostern zeigt uns den Weg.
Es braucht auch den Wandel in unserer Kirche.
Die Kirche ist für die Menschen da. Die Osterbotschaft spricht nicht von Debatten und Strukturreformen, sondern vom Suchen, zuhören, unterscheiden, mitgehen, begleiten, Anteil nehmen – davon, was uns Papst Franziskus mit dem synodalen Weg ans Herz legt. Wir müssen von einer Versorgungs-Kirche zur Sorgenden-Kirche werden, unsere Gemeinden dürfen sich nicht selbstgenügsam verschließen, sondern müssen für alle offen sein und Zentren echter Spiritualität werden. Machtfragen, Richtungskämpfe in der Kirche müssen im Geist Jesu und der Synodalität gelöst werden – Glaube und Kirche verlangen laut Apostelgeschichte nach Einmütigkeit, nicht nach Einstimmigkeit. Glaube und Kirche sollen die Gesellschaft befruchten aber niemals Handlanger der Politik sein – wie der Patriarch von Moskau – das ist Hochverrat am Evangelium! Kirche wandelt sich im Blick auf Ostern. Aber wie geht das? Ein altes Gebet (14. Jh.) sagt, es beginnt bei uns:
„Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun. Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen. Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.“ Gehen wir so in unser Galiläa – der Auferstandene wartet dort auf uns, er geht mit uns! So haben es auch die Frauen und die Jünger im Osterevangelium getan. Tun wir es wie sie mit Freude und Mut, tragen wir als Kirche-Christen das wärmende Osterlicht in unsere friedlose, kalte und finstere Welt!
Ich wünsche uns allen einen tiefen Glauben an die Auferstehung und die Bereitschaft zur Wandlung, damit es auch heute Ostern wird oder um es mit Jürgen Moltmann zu sagen: „Ostern kann nicht nur heißen: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Ostern muss auch heißen: Das Leben hier wandelt sich.“ In diesem Sinne: FROHE OSTERN! Und dazu die Bitte an den Auferstandenen: Schenke der Ukraine, dem Heiligen Land und allen Kriegsgebieten auf der Erde den Frieden!
Amen.
Ägidius J. Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt