Europa-Bischof Zsifkovics mahnt zur Weiterentwicklung der EU
Bischof sieht im Kathpress-Interview nach EU-Wahl qualifizierte proeuropäische Mehrheit in Brüssel - Europa steht "für Freiheit, Frieden, Wohlstand, Demokratie und Menschenrechte. Dafür ist es wert, sich einzusetzen"
Mariazell: Der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics hat am Montag unmittelbar vor Beginn der Vollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell im Kathpress-Interview zur EU-Wahl Stellung genommen und davon gesprochen, dass es in Brüssel nach wie vor eine qualifizierte Mehrheit gibt, die für Europa und die Weiterentwicklung der Europäischen Union eintritt. Diese Kräfte seien nun gefordert, "damit wir nicht wirklich am Ende gestärkte Ränder bekommen". Auf den Wahlerfolg der FPÖ in Österreich angesprochen, meinte der Bischof, dass diese sehr viel kritische Stimmen auf sich versammeln konnte. - Menschen, "die einfach ihre Kritik loswerden und sich hier irgendwie an Europa rächen wollen".
Als Themen, die bei der Wahl und natürlich auch künftig wesentliche Rollen spielen, nannte Zsifkovics die Friedens- und Sicherheitsfrage sowie die Migration. Der EU-Migrationspakt sei ein erster Schritt in eine gemeinsame Richtung. Hier werde man noch nachbessern müssen. Die Politik müsse "einleuchtende und gute Antworten" finden und geben, sonst würden die politischen Ränder weiter gestärkt.
Im Blick auf das Burgenland sagte der Bischof einmal mehr, dass gerade dieses von den vielfältigen EU-Förderungen besonders profitiert habe. "Wir sind vom Armenhaus an einer toten Grenze zu einem Land im Herzen Europas geworden, das aufblüht." Das Burgenland sei einer der größten EU-Nutznießer in Österreich. Und er glaube schon, so der Bischof, dass das viele Menschen auch sehen würden.
Zugleich gebe es in diesem Bereich aber auch große Versäumnisse. Die Politik hätte diese Vorzüge Europas den Menschen viel stärker vermitteln müssen. "Wir nehmen gerne die Förderungen aus Brüssel. Aber wenn es dann Probleme oder Fragen gibt, dann wird sofort mit Brüssel ein Sündenbock gesucht und gefunden", kritisierte der Bischof einmal mehr diese Dynamik. Hier sei in den vergangenen Jahren von der Politik zu wenig geschehen. Das können man dann nicht in kurzer Zeit in einem Wahlkampf aufholen. "Da würfen wir uns nicht wundern, wenn das zu den Menschen nicht durchsickert."
Kirche hat proeuropäische Grundeinstellung
Europa sei kein fertiges Projekt, jede und jeder müsse seinen Beitrag leisten, so der Bischof: "Wir alle sind gefordert, die einzelnen Bürger, aber genauso die Kirchen, die Politik und alle in der Gesellschaft wichtigen Kräfte und Institutionen." Europa stehe "für Freiheit, für Frieden, für Wohlstand, für Demokratie, für Menschenrechte. Und ich denke, das ist es wert, sich dafür einzusetzen."
Europa habe in seiner Vergangenheit genügend politische Systemen kennengelernt, in denen diese Freiheiten und Rechte nicht gegeben waren. "Da ist unsere Jugend heute etwas in Gefahr, das zu vergessen und viele Angehörige mittlerer und älterer Generationen leider auch", warnte der Bischof. Hier sei auch die Kirche gefordert, Bewusstseinsbildung zu betreiben.
Bischof Zsifkovics ist in der Bischofskonferenz für Europa-Fragen zuständig und vertritt die heimische Bischofskonferenz in der EU-Bischofskommission COMECE. Auf die COMECE angesprochen, bekräftigte der Bischof, dass es insgesamt eine proeuropäische Grundeinstellung in der Kommission gibt, wiewohl die einzelnen Länder auch mit "unterschiedlichen Geschwindigkeiten" unterwegs sein würden. Zsifkovics: "Jedes Land bringt seine Geschichte mit. Und da müssen wir immer wieder die Balance finden." Allen Bischofskonferenzen sei es aber ein Anliegen, Europa zu stärken.
Und Bischof Zsifkovics zeigte sich überzeugt: "Als Christen können wir doch gar nicht anders. Wollen wir wieder zurück in unsere Nationalismen, in unsere kleinkarierte Einfalt oder wollen wir nicht lieber die Vielfalt?" Doch dafür brauche es in der Europäischen Union noch mehr Zusammenarbeit und Einheit und dazu müsse auch die Kirche künftig noch mehr beitragen. Der Bischof plädierte u.a. dafür, das christlich-jüdische Fundament Europas wieder stärker in den Vordergrund zu stellen bzw. in Erinnerung zu rufen.
Quelle: Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich (www.kathpress.at)