Orthodoxe starten Bau von symbolträchtigem Mönchszentrum im Seewinkel
Klosterbau in Gemeinde St. Andrä an der österreichisch-ungarischen Grenze – Projektvorstellung mit orthodoxem Metropoliten Kardamakis, Abt Paisios Jung, Architekt Themistoklis Ioannou und Sprecher der Diözese Eisenstadt, Dominik Orieschnig, in Wien;
Grundsteinlegung am Samstag, 26. September 2020 als Live-Stream unter www.martinus.at/live
Wien – Trotz der bedrängten Lage, in der sich das orthodoxe Patriarchat von Konstantinopel (heute Türkei) und die mit ihm verbundenen griechischen Diasporachristen aktuell befinden, startet am kommenden Samstag ein Pionierprojekt dieser Kirchenfamilie in Österreich: Der Bau des ersten orthodoxen Klosters in Mitteleuropa. Die Mönche kommen aus mehreren Ländern Europas; der Bauplatz befindet sich in der Gemeinde St. Andrä/Zicksee im Burgenland. Die feierliche Grundsteinlegung mit Diözesanbischof Zsifkovics, dem orthodoxen Metropoliten Kardamakis und Landeshauptmann Doskozil findet am 26. September 2020 um 11 Uhr statt, und wird als Live-Stream übertragen.
Bei einer Pressekonferenz am Dienstag am Sitz der "Griechisch-orthodoxen Metropolis von Austria" in Wien äußerten sich Metropolit Erzbischof Arsenios Kardamakis (Wien und Österreich), Abt Paisios Jung, Architekt Themistoklis Ioannou sowie Diözesansprecher Dominik Orieschnig zu dem Vorhaben.
"Symbolkraft weit über Ortsgrenzen hinaus"
Kardamakis, Orieschnig und Jung – er ist Deutscher und studierte in Österreich – erinnerten an den Besuch von Patriarch Bartholomaios I. (Konstantinopel/Istanbul) im Burgenland vor sechs Jahren. Bischof Ägidius J. Zsifkovics habe damals aus Solidarität eine "Martins-Tat" gesetzt, nämlich die Zurverfügungstellung eines kirchlichen Grundstücks in St. Andrä am Zicksee an die orthodoxe Metropolis. Damit sollte im Seewinkel die Gründung des ersten orthodoxen Klosters in Österreich – und Mitteleuropa – ermöglicht werden.
Das künftige Kloster "Maria Schutz" (Agia Skepi) soll nach Meinung der Initiatoren ein Ort des Gebets und der Arbeit für Mönche werden. Dabei werde die Begegnung mit den katholischen Gläubigen des Ortes und der ganzen Region eine große Rolle spielen.
Das Klosterprojekt in einer kleinen Pfarrgemeinde an der österreichisch-ungarischen Grenze, dessen Patron Andreas, der Apostel Jesu, zugleich Beschützer und legendärer Gründer des 1.600-jährigen Patriarchats von Konstantinopel ist, verbindet zudem Österreich und Ungarn gemeinsam mit Byzanz. Es greift damit Fäden auf, die bereits ins frühe Mittelalter zurückweisen.
"Die Symbolkraft dieser Klosterstiftung wird Ausstrahlung weit über die Ortsgrenzen hinaus entfalten", hatte sich der Diözesamnbischof überzeugt gezeigt: "Wo der Expertendialog der Worte an vorläufige Grenzen stößt, da müssen wir durch konkrete Taten der Menschlichkeit unsere Glaubensbrüder umarmen", so Zsifkovics vor wenigen Tagen.
"Vision, Idealismus und Durchhaltevermögen"
Metropolit Erzbischof Arsenios Kardamakis sagte, er sei froh und dankbar, dass diese Woche der Grundstein gelegt werden könne. Die Errichtung eines orthodoxen Klosters in Österreich sei seit Jahrzehnten ein sehnlicher Wunsch seiner Kirchenmitglieder. Denn erst durch ein derartiges Zentrum erfolge eine echte Beheimatung, obwohl Orthodoxe mittlerweile schon seit mehr als 300 Jahren in Österreich lebten.
Einige Pioniere hätten sich der Idee verschrieben, am ehemaligen Eisernen Vorhang einen Ort christlicher Begegnung mit Gott und den Menschen zu schaffen. Lange und gewissenhafte Vorarbeit sei notwendig gewesen – "in praktischer, baulicher und rechtlicher Hinsicht, aber auch in kirchenpolitischer und psychologischer Hinsicht", so der Erzbischof: "Wenn man in die Geschichte blickt, sieht man, dass alle Projekte, die spirituelle, kulturelle und humanistische Nachhaltigkeit besitzen, solcher Vorarbeit bedurften. Es zeigt sich auch, dass solche Projekte Menschen brauchen, die eine Vision, Idealismus und Durchhaltevermögen besitzen."
Der orthodoxe Diözesanleiter würdigte in diesem Zusammenhang seinen katholischen Amtsbruder Zsifkovics für dessen "großzügige brüderliche Bereitschaft zu helfen". Seine Grundstück-Spende stelle eine kirchenpolitische Pioniertat dar, hob er hervor.
Das künftige Kloster soll nach Vorstellungen des Erzbischofs ein Zentrum der Begegnung für orthodoxe Christen Österreichs und des pannonischen Raums werden, "aber auch ein Haus gelebter Ökumene zwischen den Gläubigen unserer beiden Kirchen". Er verstehe dieses Kloster aber auch als Ausdruck einer allgemeinen Gegenkultur gegen einen derzeit wiederkehrenden Trend zu Zäunen, zur Trennung und zur Ausgrenzung, so Arsenios Kardamakis: "Ich bin überzeugt, dass die ökumenische und kulturelle Symbolkraft dieser Klosterstiftung Ausstrahlung weit über die Orts- und Landesgrenzen hinaus entfalten wird." Patriarch Bartholomaios I. begleite dieses Projekt "mit seiner großen Liebe, seinem Wohlwollen und mit seinem Segen, und Papst Franziskus nimmt in geschwisterlicher Weise regen Anteil an der Klosterstiftung und unterstützt sie tatkräftig".
Vielfältige byzantinische Prägung Österreichs
Dominik Orieschnig betonte ebenfalls die Bedeutung des künftigen Klosters als geistliche Kraftquelle für alle Orthodoxen in Österreich und den Nachbarländern. Er erinnerte an die vielen Pflegerinnen aus diesen Ländern, die der orthodoxen Kirche angehörten und für die ein derartiges Zentrum wichtig sei.
Weiters verwies er bei der Pressekonferenz auf die vielfältigen byzantinisch-griechischen Prägungen des alten Österreich. So sei der Festsaal und Kirche der Metropolis von Austria von Theophil Hansen, dem Erbauer des Parlamentsgebäudes am Ring, im Auftrag bedeutender Wiener Griechen des 19. Jahrhunderts geschaffen worden, ebenso wie der Musikvereinssaal. "Wenn nun im 21. Jahrhundert die griechisch-orthodoxe Glaubensgemeinschaft im Burgenland das erste orthodoxe Kloster Österreichs mit kulturellen und wissenschaftlichen Begegnungsräumen, öffentlichem Park und Werkstätten errichtet, findet eine reiche österreichische Kulturtradition ihre Fortsetzung", so Orieschnig. Kulturelle und religiöse Vielfalt, die Weltoffenheit Österreichs sowie unterschiedlichste Traditionen und Leistungen würden zu einem Miteinander verbunden. Das erste orthodoxe Kloster Österreichs sei "eine moderne Fortschreibung einer seit Jahrhunderten bestehenden Zugehörigkeit griechisch-byzantinischer Kultur zu Österreich", und es rufe zugleich ins Bewusstsein, "dass Kultur ohne Migration nicht zu denken ist".
Orieschnig ging auch auf die örtlichen Kontakte mit dem Patriarchen und dem Papst ein. Bartholomaios I. habe Bischof Zsifkovics und die Diözese Eisenstadt mehrfach besucht, und Papst Franziskus persönlich habe dem Eisenstädter Bischof eine persönliche Spende von 100.000 Euro als Baustein für den Start des Klosterbaus zukommen lassen, sagte er. Gerade in einer Zeit großer Umbrüche, regressiver psychologischer Tendenzen und neuer politischer Hegemonialansprüche in Europa und der Welt sei ein Kloster wie in St. Andrä "nicht nur ein Ort des Gebets für orthodoxe Christen, sondern eine humanistische Drehscheibe zwischen Ost und West, eine Brücke der Hoffnung zwischen orthodoxer und katholischer Kirche und nicht zuletzt ein kulturelles Symbol gegen Fanatismen aller Art".
Anfangs Skepsis und Widerstände
Abt Paisios Jung ging auf die Anfangsprobleme ein. Er verhehlte nicht, dass er anfangs Skepsis im Blick auf die Errichtung ausgerechnet im Burgenland gehabt habe. Tatsächlich habe es dann von einigen Ortsbewohnern Widerstand gegeben. "Ich durfte dann aber erleben, wie zwei Welten sich erst missverstanden haben. Aber dann plötzlich, durch persönliche Begegnung, lernte man sich schätzen und lieben. Heute grüßt man uns. Wir spüren, dass wir angenommen sind", so der Klostervorsteher zum anfänglichen Widerstand einer Gruppe der Ortsbewohner von St. Andrä.
Kooperation mit Berufsschule Pinkafeld
Architekt Ioannou erläuterte das Projekt anhand eines Modells. Zuerst wird die im Athos-Stil gehaltene kreuzförmige Kirche mit Kuppel errichtet. Die Baukosten werden mit 900.000 Euro veranschlagt; geplantes Weihedatum ist Weihnachten 2021.
Im Anschluss erfolgt der Bau der vier Wohntrakte rund um den quadratischen Hof, in dem die Kirche steht. Dies werde ca. drei Jahre dauern, so Ioannou. Vorgesehen sind große Grünflächen und begrünte Dächer, weil Pflege und Erhalt der Natur Patriarch Bartholomaios sehr wichtig sei.
Für das Burgenland wichtig ist die von Ioannou dargestellte Kooperation mit der Berufsschule Pinkafeld. So sei geplant, dass Schüler für ihr Lehrabschlusszeugnis am Bau mitarbeiten sollten.