
Karfreitag: Bischof Zsifkovics und Superintendent Koch beten an der Hl. Stiege
Eindrucksvolles Ökumenezeichen zur Todesstunde Jesu an der historischen Heiligen Stiege im burgenländischen Forchtenstein – In Erinnerung an 75. Jahrestag der Hinrichtung Dietrich Bonhoeffers werden Superintendent und Bischof auch ein Gebet des großen Vordenkers der Ökumene sprechen – Übertragung im ORF Burgenland Live-Stream
Eisenstadt – Ein symbolträchtiges und eindrucksvolles Zeichen des Zusammenstehens der Christen aller Konfessionen in der aktuellen weltweiten Not der Covid-Pandemie wollen die Kirchen im Burgenland am Karfreitag geben: Der Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics und der burgenländische Superintendent Manfred Koch werden am Karfreitag zur Todesstunde Jesu an der historischen Heiligen Stiege in Forchtenstein – sie ist außer jener in Salzburg die einzige in Österreich – gemeinsam beten. Auch der Forchtensteiner Pfarrer Aby Mathew Puthumana nimmt an dem Gebet teil. Die lange, historisch bedeutsame Stiege mit dem hoch oben stehenden großen Kreuz und der Schmerzensmutter wurde auf Initiative von Fürst Paul Esterházy errichtet; die Bauarbeiten und die Weihe (in der Karwoche 1719) erfolgten aber erst nach Pauls Tod (1713) unter Fürst Michael Esterházy.
Das Ökumenische Karfreitagsgebet beginnt um 15.00 Uhr mit einer Schweigeminute. Das ORF Landesstudio Burgenland bringt einen Livestream des gesamten Gebets. Das Video dazu wird in die ORF-TVthek gestellt. Parallel dazu wird die ORF-Religionsabteilung österreichweit darüber berichten.
Karfreitag als Tag des Bittens und Gedenkens
Bischof und Superintendent werden die Todesstunde Jesu nutzen, um angesichts der Corona-Pandemie ihre Bitten um Erlösung einer vom Leiden geprägten Welt zu sprechen. Gedacht wird dabei insbesondere aller, die aufgrund des Coronavirus krank wurden, gestorben sind oder ihr Leben einschneidend verändern mussten, sowie auch jener Menschen, die in diesen Zeiten schwerwiegende Entscheidungen treffen müssen.
In Erinnerung an den 75. Jahrestag der Hinrichtung des am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligten evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer werden Superintendent Koch und Diözesanbischof Zsifkovics auch ein Gebet des großen Vordenkers der Ökumene sprechen. Die Gedichte, Lieder und Texte Bonhoeffers, der am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg am Galgen starb, sind heute ein populärer geistlicher Schatz von Christen aller Bekenntnisse und Sprachen.
Das Schweigen im Rahmen der Gedenkfeier soll weiters auch daran erinnern, dass der Karfreitag für die österreichischen Evangelischen heute kein staatlicher Feiertag mehr ist. Dies wird von den Mitgliedern der gerade im Burgenland sehr starken Minderheitskirche als äußerst schmerzhaft empfunden. Bischof Zsifkovics hatte katholischerseits stets vehement gegen die diesbezügliche gesetzliche Regelung protestiert und geäußert, dass er "diesbezüglich ein Protestant sei".
Die Heilige Stiege in Forchtenstein – Kopie der Prätoriumsstiege von Jerusalem
Die 28-stufige Heilige Stiege in Forchtenstein ist eine Kopie der aus Jerusalem stammenden Scala Santa, die an der Lateran-Basilika in Rom steht. Ursprünglicher Standort der römischen Scala Santa war das Prätorium in Jerusalem, das auch in der im Zuge der Karfreitagsliturgie verlesenen Johannespassion erwähnt wird. Dort heißt es: "Von Kajaphas brachten sie Jesus zum Prätorium. Es war früh am Morgen. Sie selbst gingen nicht in das Gebäude hinein, um nicht unrein zu werden, sondern das Paschalamm essen zu können. Deshalb kam Pilatus zu ihnen heraus und fragte: Welche Anklage erhebt ihr gegen diesen Menschen? Sie antworteten ihm: Wenn er kein Übeltäter wäre, hätten wir ihn dir nicht ausgeliefert. Pilatus sagte zu ihnen: Nehmt ihr ihn doch und richtet ihn nach eurem Gesetz!" (Joh 18,28-31).
Der Überlieferung nach hatte die Stiege am Prätorium 28 Stufen. Ihre Auffindung vor 1.700 Jahren erfolgte durch die Mutter Kaiser Konstantins, Helena. Sie hatte sich im Alter von 76 Jahren nach Palästina aufgemacht, um in Jerusalem um das Jahr 325 Spuren der Passion und Auferstehung Jesu Christi zu finden. Im Zusammenhang mit dieser Reise steht die Auffindung des Kreuzes, der Säulen des herodianischen Tempels und der Heiligen Stiege. Unter einem Aphrodite-Tempel Kaiser Trajans fand Helena über Hinweise ihres jüdischen Helfers – und späteren Bischofs – Judas Kyriakos das leere Grab. Durch Hinweise fand sie auch das Prätorium der römischen Prokuratoren des ersten Jahrhunderts, dessen Bau bereits auf die Hasmonäer zurückgeht. Pontius Pilatus hatte im Jahr 26 den Amtssitz der Hasmonäer beschlagnahmt und dort seinen eigenen Amtssitz hineinverlegt. Später sollte er dort das Todesurteil über Jesus fällen.
Ausgrabungen könnten Echttheit bestätigen
Interessant sind die jüngsten Ausgrabungen zum Hasmonäer-Palast nach der Wiedervereinigung Jerusalems 1967. Sie zeigen, dass eine lange Stiege gut hineingepasst hätte. Die Treppe aus dem Jerusalemer Palast, die im 4. Jahrhundert am Lateran zusammengefügt wurde, ist seit dem Heiligen Jahr 2000 wieder "nackt". Sie erscheint wie ein langes fließendes Tuch und wie aus einem einzigen riesigen Marmorblock herausgehauen, denn so sehr haben die Knie ungezählter Beter im Lauf der Jahrhunderte die einzelnen Stufen zusammengeschliffen. Papst Innozenz XIII. ließ deshalb 1723 die Treppe zum Schutz vor weiterer Abnutzung mit Holz verkleiden. Johannes Paul II. ließ die Verkleidung wieder abtragen.
Auch die Heilige Stiege in Forchtenstein ist – ebenso wie die in Rom – ein Ort der Andacht und des Gebetes. Nach altem Brauch beten die Gläubigen in der Mitte auf den Knien oder am Rande stehend die Stufen hinauf und denken dabei an das Leiden und Sterben Jesu Christi.