Mit Hirn, Charme und Taktstock
Internationale Vereinigung der Burgenlandkroaten Hrvat S.A.M. veranstaltet hochkarätiges Wissenschaftssymposion mit Experten aus fünf Ländern – Initiator und Protektor Bischof Zsifkovics: "Wissenschaft, Glaube und Kunst sind die großen Erkenntnisweisen des europäischen Menschen, die auch den Schlüssel zur Rolle von Minderheiten liefern."
Zagreb – Mit einer Reise nach Zagreb gingen Programmatik und Wirken der Internationalen Vereinigung der Burgenlandkroaten Hrvat S.A.M. in die nächste Runde. Bischof Ädigius J. Zsifkovics hatte die Vereinigung vor ziemlich genau einem Jahr ins Leben gerufen mit dem Ziel, die beständige Förderung und Weiterentwicklung der burgenlandkroatischen Identität, Kultur und Sprache in ihrer lebendigen Beziehung zur alten Heimat Kroatien und vor allem zu ihren humanistischen und christlichen Wurzeln zu pflegen. Mit einem vergangene Woche absolvierten mehrtägigen Aufenthalt in Zagreb gelang es Hrvat S.A.M. und seinem bischöflichen Protektor, nach nur einem Jahr des Bestehens eine höchst anspruchsvolle und in dieser breiten Form wohl noch nie dagewesenen Darstellung burgenlandkroatischer Identität und burgenlandkroatischen Selbst-Bewusstweins jenseits folkloristischer Selbstabkapselungen zu vermitteln. Den Anfang dieses burgenlandkroatischen Dreiklangs machte ein von Hrvat S.A.M. in Kooperation mit der Katholischen Universität Zagreb organisiertes wissenschaftliches Symposion mit dem Titel "Europa und die Erinnerungskultur".
Experten aus fünf Ländern beleuchten Europas Erinnerungskultur
Unter der wissenschaftlichen Leitung und Koordination von Dr. Andreja Sršen, Professorin für Soziologie an der Katholischen Universität Zagreb, traten zehn Experten aus den Ländern Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Slowkei, Ungarn, Österreich und dem Vatikan an, um Europas Erinnerungsfähigkeit aus verschiedensten Perspektiven und Disziplinen, jedoch immer im Hinblick auf die Bezugsgröße nationaler Minderheiten zu beleuchten. Erschienen ist bereits jetzt ein respektabler, von Andreja Sršen kuratierter wissenschaftlicher Band, der die Themen und die Vortragenden des Symposions vorstellt. Für das kommende Jahr ist eine umfassende wissenschaftliche Publikation mit den wissenschaftlichen Texten im vollen Wortlaut in Vorbereitung.
Bischof Zsifkovics und Religionsrechtsexperte Orieschnig als Keynote Speakers vor Kroatiens Außenminister
Dass auch das wissenschaftliche Programm von Hrvat S.A.M. herkömmliche und in der bloßen Retrospektive festgefahrene Sichtweisen des Burgenlandkroatischen überschreiten will, zeigten Inhalt und Thema der Ausführungen, die Bischof Zsifkovics und der Pressesprecher der Diözese Eisenstadt, der Wiener Religionsrechtsexperte und Kardinal-Innitzer-Förderpreisträger Dr. Dominik Orieschnig hielten. Als Keynote speaker eröffneten beide Redner den 10-teiligen Vorlesungsreigen mit dem auf Burgenlandkroatisch und Deutsch vorgetragenen Thema "Das Burgenlandkroatische, das Europäische, das Christliche: Ein Signum und Paradigma für eine responsive, alteritätsorientierte Erinnerungskultur und Identitätsbildung."
Burgenlandkroaten schon dem Namen nach auf Grenzüberwindung gepolt
Vor hochrangigen Ehrengästen aus Politik und Wissenschaft, zu denen auch der kroatische Außenminister Gordan Grlič Radman gehörte, skizzierten Zsifkovics und Orieschnig Identitätsförderung und Erinnerungskultur als notwendigerweise responsiv und alteritätsorientiert gefasste Prozesse, bei denen es nie um Mechanismen des Einschlusses durch Ausschlüsse anderer gehen dürfe, sondern stets um ein Selbst-Verständnis einer Gesellschaft, das aus Offenheit und Verantwortung für den je anderen erwächst. Das grenzüberschreitende, dialogische, kultur- und völkerverbindende Moment des Burgenlandkroatischen und seines wesenhaft responsiven Charakters sei dementsprechend ein beachtenswertes Paradigma zur Herausbildung reifer europäischer Erinnerungskulturen.
Internationale Vereinigung der Burgenlandkroaten veranstaltet Benefizkonzert in Zagrebs berühmtestem Konzerthaus zugunsten von Kindern in Vukovar – Burgenlandkroatischer Chor "Pax et bonum" liefert Top-Performance mit Superstars der kroatischen Musikszene – "Hrvat S.A.M."-Präsidentin Barbara Karlich: "Was Burgenlandkroaten hier geboten haben, sprengt wohl alles bisher Dagewesene!"
Dem Startschuss des erfolgten wissenschaftlichen Symposions setzte die Zagreber Reise der Internationalen Vereinigung der Burgenlandkroaten noch einen spirituellen und einen künstlerischen Akzent hinzu: Mit dem Besuch der Zagreber Pfarrgemeinde "Hl. Johannes XXIII.", einer Community von Diaspora-Kroaten aus dem Kosovo, würdigte Bischof Zsifkovics deren Rolle als besonders empfängliche Antennen für den unveräußerlichen Wert von Glauben, Sprache und Kultur, bevor der von ihm gegründete burgenlandkroatische Chor "Pax et bonum" in Zagrebs renommiertester Konzerthalle eine einzigartige Darstellung burgenlandkroatischer Identität und burgenlandkroatischen Selbst-Bewusstseins vor einem Megapublikum lieferte.
Ein heiliger Papst als Verbindungsfigur
Der Besuch in der Zagreber Pfarrgemeinde Hl. Johannes XXIII. war ein wesentlicher Programmpunkt der burgenlandkroatischen Reise. Die Diözese Eisenstadt hatte für die neugebaute Kirche ein buntes Glasfenster gestiftet und Bischof Zsifkovics kam nun auf Einladung des Gemeindepfarrers Kristo Brkić, um die Kirche zu weihen. Brkić ist den Burgenlandkroaten kein Unbekannter: Sechs Jahre lang war er Pfarrer in Steinbrunn und Zillingtal. Der gebürtige Kosovo-Albaner entstammt so wie der bei der Kirchweihe ebenfalls anwesende Bischof von Hvar, Petar Palić, einer außerhalb Kroatiens lebenden kroatischsprachigen Minderheit im Kosovo. Als Diaspora-Kroaten sind beide Geistliche besondere Vertreter eines Christentums als Kraft, die die Grenzen von Nation, Rasse, Ideologie und Sprache überschreitet - eine Affinität, die sie mit Eisenstadts Bischof Ägidius Zsifkovics teilen. Verbindendes Element der Begegnung war aber auch die Tatsache, dass der Pfarrpatron der neuen Kirche, der heilige Papst Johannes XXIII., auch die Diözese Eisenstadt gegründet hat, die im kommenden Jahr ihr 60-Jahre-Jubiläum feiert.
Mit der Universalsprache Musik in die Herzkammer der großen Öffentlichkeit
Nicht auf gewohntem klerikalen Terrain, nicht in kalkulierbaren kirchlichen Räumlichkeiten, sondern in Zagrebs größtem Konzerthaus Vatoslav Lisinski setzte Bischof Zsifkovics den Höhepunkt seiner Zagreb-Reise und wohl auch seiner burgenlandkroatischen Initiativen überhaupt: Mit dem gestrigen Konzert, das von drei kroatischen TV-Stationen, darunter HRT, fünf Radiosendern und einer Internet-Platform übertragen wurde und damit insgesamt ein Millionenpublikum erreicht haben dürfte, ist Bischof Zsifkovics ein genialer Coup gelungen. Indem er den von ihm gegründeten 150-köpfigen Chor "Pax et bonum" unter der Leitung von Ivo Šeparović mit Unterstützung verschiedener kroatischer Superstars und Bühnenlegenden wie Vela Lučanči und Tereza Kesovija auftreten ließ, transportierte der Bischof seine europapolitischen Anliegen von der nicht allen zugänglichen Ebene des humanistischen Arguments und des christlichen Glaubens auf die Ebene des Fühlens und Erlebens.
Musikalisches Erleben als Akt des Verstehens
Getragen von raffinierten Arrangements populärer kroatischer Lieder, die teils über Jahrhunderte Burgenlandkroaten in deren Heimatländern begleitet haben, konnte das international zusammengesetzte, auch aus dem Burgenland stammende Publikum erfahren, dass es menschliche und gesellschaftliche Bande über nationale, ethnische und sonstige Grenzen hinweg gibt. Dass die Pflege der eigenen Identität, will diese gereift sein, immer responsiv und alteritätsorientiert gefasst sein muss und dass es dabei nie um Mechanismen des Einschlusses durch Ausschlüsse anderer gehen kann. Mit der Kombination "Gemeinsam nachdenken - gemeinsam beten - gemeinsam singen - gemeinsam Gutes tun" hat Bischof Zsifkovics jedenfalls eine in Mitteleuropa zunehmend sprachlastige und blutleere kirchliche Kommunikationskultur ignoriert und - wie ein guter Regisseur barocken Jesuitentheaters - in einer hochprofessionellen Gesamtdramaturgie zusammengeführt, was seit jeher zusammengehört: Herz und Verstand. Zahlreiche Vertreter des kroatischen Klerus, darunter auch mehrere Bischöfe und niemand geringerer als Zagrebs Kardinal Josip Bozanić, ließen es sich nicht nehmen, der Dramaturgie beizuwohnen und gaben dem Eisenstädter Bischof die Ehre.
Wohltätigkeitsaspekt als Ansporn, "zu geben, statt nur zu nehmen"
Dementsprechend kommt auch der Reinerlös des Konzertes dem multiethnischen Kindergarten der Stadt Vukovar zugute - ein guter Zweck, für den eigens ein Spendentelefon während der Live-Übertragung des Konzertes eingerichtet wurde. Im November vergangenen Jahres - 27 Jahre nach dem "Massaker von Vukovar" - hatte der Eisenstädter Bischof im Zuge der alljährlichen Gedenkveranstaltung für die Opfer von Vukovar als Gastprediger vor Kroatiens Staatsspitze mutige Worte der Versöhnung gefunden. Sie gipfelten in einem vielbeachteten Appell des Bischofs an Kroatiens Gesellschaft, "den Geist des Balkans auszuatmen und den Geist Europas einzuatmen". In Folge hatte die kroatische Regierung beschlossen, gemeinsam mit der Stadt Zagreb und Ihrem Bürgermeister Milan Bandić den Ehrenschutz für ein Konzert von "Pax et bonum" zu übernehmen. Bischof Zsifkovics hatte damals Kroatiens Premierminister Plenković ausdrücklich für die große Ehre gedankt, die die Regierung Kroatiens dem Chorprojekt der Burgenlandkroaten mit dieser Geste erwies. Der Bischof und die Präsidentin der internationalen Vereinigung der Burgenlandkroaten, die österreichische Talk-Queen Barbara Karlich, sehen in dem Benefizkonzert einen Ansporn für viele in unserer Gesellschaft, auch einmal etwas "zu geben, statt immer nur zu nehmen".
Tobende Halle für Ivo Šeparović und singende Burgenlandkroaten
Der gestrige Abend gab dem Ansatz der burgenlandkroatischen Reise, Wissen, Glaube und Kunst zusammenzuführen, Recht. Während immer wieder die Hotline des Spendentelefons für Vukovar durchgegeben wurde, Burgenlandkroaten in vier Sprachen mit den beiden TV-Moderatoren plauderten und durch die Live-Sendung führten, wurde mit tosendem Applaus für die musikalischen Darbietungen Ivo Šeparović, Dirigent und Mastermind des internationalen burgenlandkroatischen Chores "Pax et bonum", in Zagrebs Lisinski-Halle wie ein Superstar gefeiert. Es ist eine nicht unerhebliche Tatsche, dass viele Menschen in Kroatien und anderswo wohl erst durch das gestrige Konzert von der Existenz ihrer entfernten "Verwandten" und Landsleute, von ihrer etwas anderen Sprache und traditionellen Kleidung erfahren haben. Der Wert, den Bischof Zsifkovics mit seiner Initiative in Hinblick auf Bewusstmachung und Erinnerungskultur Europa, Österreich und nicht zuletzt seinen burgenlandkroatischen Landsleuten schenkt, ist damit ein unschätzbar hoher. Als zum Abschluss des Konzertes schließlich auch er als Initiator des Geschehens auf die Bühne gebeten wurde, um, umringt von kroatischen Vertretern des öffentlichen Lebens - wie etwa Zagrebs Bürgermeister Milan Bandić, Staatssekretär Zvonko Milas und dem Bürgermeister von Vukovar - und begleitet von seinem burgenlandkroatischen Chor ein Lied live zu singen, war ihm die Freude darüber anzusehen.