
Eine Frage der Perspektive
Samen, nicht Früchte. Gedanken zum Fest Darstellung des Herrn.
Lesejahr C I, 02.02.2025
Schriftworte
Dann kommt plötzlich zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht, und der Bote des Bundes, den ihr herbeiwünscht. Seht, er kommt!, spricht der Herr der Heerscharen.
Maleáchi 3, 1cd
Símeon (nahm) das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten:
Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.
Lukasevangelium 2, 28-32
Impuls
Das Fest Darstellung des Herrn, das heuer auf einen Sonntag fällt, bietet eine Perspektive auf Zukunft hin: Volkstümlich bekannt als "Lichtmess" weist es auf die erneute Zunahme der Tageslichtlänge hin. Nach der Dunkelheit des Winters zeigt sich erneut ein Lichtschein, der Hoffnung gibt. Nämlich die Hoffnung auf das "Licht, das nie mehr erlischt".
Jedoch: Ist das heute noch eine Hoffnung, die wahrgenommen wird? In unseren Breiten sind der Advent und die Weihnachtszeit eigentlich gar nicht mehr dunkel.
Damit einher scheint irgendwie auch der Verlust einer hoffenden Erwartungshaltung zu gehen. Wer sich lediglich mit "Fakten" oder "Lösungen" auseinandersetzen will, dem fehlt oft die Geduld zu warten.
"Das genügt mir.
Ich brauche keinen Vertrag, keine schriftliche Zusicherung.
Was ich gesehen habe, reicht mir."
So etwas nennt man Handschlagqualität.
Eine aus der Zeit gefallene Tugend?
Mir kommt eine Geschichte des Autors Willi Hoffsümmer in den Sinn:
Im Traum bietet ein Engel in einem Geschäft "alles, was Sie wollen" an.
Der Kunde im Traum ist höchst erfreut und verlangt so ziemlich alles, was ein frommer Mensch sich so wünschen könnte - vom "Ende aller Kriege" bis zu "mehr Gemeinschaft und Liebe in der Kirche" und und und
Doch das klappe so nicht, muss ihm der Engel erklären. Im Geschäft gäbe es lediglich die Samen...
Vielleicht ist Hoffnung eigentlich eine Frage der (fehlenden) Geduld.
Leben ist nicht fertig. Es wächst. Es entwickelt sich.
So ist das auch mit der Hoffnung.
Zu Weihnachten ist "die Hoffnung der Welt" geboren worden! Simeon hatte das erkannt. Und das reichte ihm. Er hatte den Samen der Hoffnung erkannt - die Frucht der Erlösung durch Kreuzestod und Auferstehung Jesu allerdings, 33 Jahre später, hat er nicht mehr erlebt...
Hoffnung braucht einen langen Atem. Dafür steht das Zeugnis des Simeon.
Eine Zumutung, mit der auch wir konfrontiert sind: Vielleicht erleben wir das, worauf wir im Innersten hoffen, gar nicht. Sondern erst unsere Kinder oder Kindeskinder.
Das wieder zunehmende Licht kann uns helfen, die langfristige Perspektive der Hoffnung nicht aus dem Blick zu verlieren.
© nikfai