
Sechzig Jahre und (mindestens ein bisschen!) weise
In den Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, vor bald viereinhalb Jahrzehnten, war das Lied "60 Jahre und kein bisschen weise" von Curd Jürgens ein großer Hit. Der berühmte Sänger und Schauspieler blickte dabei selbstironisch auf seine ersten sechs Lebensjahrzehnte zurück, und dies zu einer Zeit, als ein Satz wie "Trau keinem über 30" fast schon das Flair eines Dogmas haben konnte. Dabei war es dann auch kein Lied eines alten Mannes, der mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Wehmut auf vergangene Lebensphasen zurückblickte, sondern durchaus das Bekenntnis eines zwar älteren, aber sich keineswegs zum alten Eisen rechnenden Herrn, der wohl auch diesem Grund so gut wie nichts bereuen möchte. Steht er doch noch "im Saft", der Gute, den junge Damen attraktiv finden - doch was antwortet er darauf? Er sagt ihr einfach, dass Reife nichts mit seinen Falten im Gesicht zu tun hat, zumal er "aus gehabtem Schaden nichts gelernt" habe. Was wohl auch stimmt.
Was das alles mit der Diözese Eisenstadt und ihrem 60. Geburtstag anno 2020, also im nächsten Jahr zu tun hat? Die Erkenntnis, aus Schaden nichts gelernt zu haben, einmal hoffentlich nicht. Und dass die Weisheit nicht automatisch mit dem Alter kommt, ist eine gute Lebensweisheit. Tatsache ist jedenfalls, dass man mit 60 auf etwas zurückblicken kann, aber auch der Blick nach vorwärts realistisch ist. Und ja, seine "Falten" kann man ruhig haben, niemand verlangt, dass man den Jugendlichen geben müsste. Im Herzen kann man freilich sehr wohl jung sein, jung geblieben im besten Sinne des Wortes. Man wird auch nicht immer glücklich gewesen sein in diesen sechs Jahrzehnten, so manches mag das Leben verdunkelt und nicht für Freude gesorgt haben. Doch im Großen und Ganzen wird Dankbarkeit überwiegen (wohl auch beim von Curd Jürgens beschriebenen älteren Herrn, auch wenn er es, etwas machomäßig, nicht gerne zugibt). Dankbarkeit alleine schon dafür, dass einem das Leben geschenkt ist.
Was hier für das Leben des Menschen gilt, gilt genauso für das Leben der Kirche – und das nicht nur, weil sie aus Menschen besteht und daher durch alles, was Menschen sind und sein können, geprägt ist. Sondern vor allem deshalb, weil Kirche in erster Linie Ort der Dankbarkeit sein soll: Dankbar Gott gegenüber für alles, dankbar für das, was Kirche immer wieder sein darf, dankbar für alles, was zur Verkündigung der Frohen Botschaft erreicht werden konnte, dankbar für vieles andere mehr. Eucharistie lässt sich am einfachsten mit "Danksagung" übersetzen, was besonders am Pfingstmontag des kommenden Jahres, am 1. Juni 2020 in Eisenstadt zum Ausdruck kommen wird: Es wird dort das Diözesanfest stattfinden, zu dem Sie – ja, Sie persönlich! – herzlich eingeladen sind! Danken wir für diese 60 Jahre! So wie Sie auch zu anderen Ereignissen willkommen sein werden, die es ab dem heurigen Martinsfest in unserer Diözese geben wird. Und ja, für "ein bisschen Weisheit" wird das burgenländische Gottesvolk zu seinem "60er" auf jeden Fall auch danken dürfen.