
Gott unter uns
Nicht nach dem ersten Augenschein urteilen
Schriftstelle
Buch Deuteronómium 18, 15
Mose sprach zum Volk: Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören.
Markusevangelium 1, 21-22
In Kafárnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten.
Impuls
Im Nachhinein ist man immer klüger. Da fällt es oft leicht zu sagen: „Ja, eh klar, das habe ich mir immer schon gedacht…!“
Oder: „Das hätten wir eigentlich wissen können…“
Im Nachhinein fällt es uns Menschen oft wie Schuppen von den Augen.
Doch in der Situation, wenn das Ereignis noch andauert, da ist die Beurteilung meist nicht so eindeutig.
Vor allem: Das Bekannte, Gewohnte steht meist derart prägend im Vordergrund, dass das Neue oft keine Chance hat.
Das Buch Deuteronómium ist als Vermächtnis des Mose konzipiert. Gläubige Juden haben aufgrund dieser Worte, die heute zitiert werden, diesen „Propheten wie mich“ erwartet.
Doch dass das vielleicht auf Jesus zutreffen könnte – war das offensichtlich?
Wir, die wir in der Tradition des Christentums stehen, können leicht groß reden: „Bei all den Wundern, die Jesus getan hat, muss das doch offensichtlich gewesen sein, dass er ein großer Prophet war!“
Für die Zeitgenossen Jesu war das überhaupt nicht so klar. Denn sie haben ihn auch ganz anders erlebt – als einen der ihren, als einen Mitbewohner. Kafárnaum war die Stadt Jesu, dort hat er als Handwerker gelebt. „Was soll an dem schon so besonders sein? Woher nimmt der sich das Recht, etwas Besonderes sein zu wollen?“
Das Wort Gottes an diesem Sonntag kann uns herausfordern:
- Bin ich offen dafür, dass mir das Heil mitten in meinem Alltag begegnet?
- Erwarte ich, dass ich Wunder erleben kann? Oder ist im Leben alles nur so, wie es immer war?
- Glaube ich daran, dass Gott mir ausgerechnet durch jenen Menschen begegnen kann, den ich scheinbar ohnehin gut kenne?
- Könnte es vielleicht sein, dass ich ein Wort der Ermutigung für jemand anderen habe? Ich muss es nur einfach zum richtigen Zeitpunkt sagen und nicht ängstlich verschweigen.
Das Wort Gottes ist lebendig. Lassen wir es zum Leben kommen!
© nikfai